Samstag, 12. September 2009

Beziehige (Misverständnisse II)

Kürzlich erzählte mir ein deutsch-schweizer Pärchen von dem ersten und einzigen Mal, als in ihrer langjährigen Beziehung der Haussegen schief hing. Er verließ gegen 17 Uhr die Wohnung und verabschiedete sich mit den Worten: Bis gleich! Um 20 Uhr wurde sie unruhig, kurz vor zehn rief sie dann bei einer Freundin an und sagte: Mein Freund ist verschwunden, komm wir gehen uns besaufen. Anderthalb Stunden später kam der Anruf von ihm: Ich bin zuhause, wo bist Du? - Ich sitze mit B. am Fluss und saufe. - Au schön, ich komme auch. Er war sich keiner Schuld bewusst.
Der Hintergrund ist: in der Schweiz gibt es keinen Unterschied zwischen „bis gleich“, „bis später“ und „bis bald“, man sagt immer „bis nachher“. Dieser Schweizer machte den Fehler, es einfach immer ins hochdeutsche „bis gleich“ zu übersetzen, auch wenn er eigentlich „bis später“ oder „bis bald“ meinte.

Ich werde in Gesprächen immer wieder gefragt, ob ich denn Mundart verstehe. Das finde ich sehr höflich in jeder Hinsicht: 1. bietet man mir damit an, Hochdeutsch mit mir zu reden und 2. wird mir aber immerhin zugetraut Schweizerdeutsch zu verstehen. Weil ich es ja unbedingt (!) lernen möchte und es für mich also besser ist, wenn die Unterhaltung in Mundart weitergeführt wird, behaupte ich immer, dass ich fast alles verstehe. Obwohl die Rate dessen, was tatsächlich bei mir ankommt, stark variiert (je nach Herkunftsregion, Klarheit der Aussprache und Sprechtempo des Gesprächspartners und je nach meiner eigenen Konzentrationsfähigkeit). Vor drei Tagen erst habe ich auf die Frage nach dem Verständnis wieder eilfertig genickt. Mein Gesprächspartner zwinkerte mir zu und sagte: „Das hat meine Ex-Frau, die Deutsche ist, auch immer gesagt und erst nach Jahren habe ich festgestellt, dass sie gar nichts verstanden hat.“


(Kühe in Graubünden, (c) Mia)

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